Angiogenesehemmer verlangsamen das Tumorwachstum und können den Tumor sogar schrumpfen lassen. Sie verhindern die Bildung neuer Blutgefäße, die den Krebs mit Nährstoffen versorgen und sein Wachstum ermöglichen. Die Bildung neuer Gefäße wird Neoangiogenese genannt, und so lautet der medizinische Fachbegriff für diese medikamentöse Behandlung Antiangiogenese-Therapie. Sie wird oft auch als gezielte Therapie bezeichnet, weil sie hauptsächlich Krebszellen betrifft.
Es gibt verschiedene Typen von Angiogenesehemmern, wobei jeder einen spezifischen Faktor des Tumorwachstums zum Ziel hat. Die meisten Antiangiogenese-Medikamente sind Tabletten, die Sie zuhause einnehmen können. Einige werden als Infusion über eine Vene zugeführt und erfordern deshalb einen Klinikaufenthalt. Gebräuchliche Angiogenesehemmer für die Behandlung von Nierenkrebs sind:
- Sunitinib
- Pazopanib
- Axitinib
- Sorafenib
- Tivozanib
- Bevacizumab (in Kombination mit einer Immuntherapie)
Antiangiogenese-Medikamente, die sich spezifisch gegen das Enzym „mTOR“ richten, sind als mTOR-Hemmer bekannt. Das mTOR-Enzym ist wichtig für das Zellwachstum und -überleben. Die folgenden gezielten Arzneimittel attackieren dieses Enzym, um den Tumor schrumpfen zu lassen:
- Temsirolimus
- Everolimus
Auf der Grundlage Ihrer individuellen Prognose und der Charakteristik des Tumors wird Ihr Arzt das beste Antiangiogenese-Medikament für Ihre spezielle Situation auswählen. Falls dieses Medikament nicht wirken oder Ihre Symptome nicht lindern sollte, können Sie mit Ihrem Arzt besprechen, ob ein Versuch mit einem anderen sinnvoll wäre.
Da diese Medikamente die Bildung neuer Blutgefäße im ganzen Körper beeinträchtigen, haben Sie eine ganze Reihe von Nebenwirkungen.
Eine häufige Nebenwirkung ist das Erschöpfungssyndrom (Fatigue). Das bedeutet, dass Sie sich müder fühlen als üblich, Ihnen Energie fehlt, und dass Schlaf nichts dagegen ausrichten kann. Sie können auch Schmerzen in Gelenken, Muskeln und im Brustkorb bekommen. Eine Fatigue kann eine Nebenwirkung der Medikamente sein, aber auch durch den Tumor oder die Metastasen verursacht werden.
Es ist normal, dass Sie sich während der Therapie unwohl oder krank fühlen. Auch Durchfall oder Verstopfung können auftreten. Wenn Sie eine dieser Beschwerden haben, lassen Sie es Ihr Behandlungsteam wissen. Ihr Arzt kann Ihnen Medikamente geben, um diese Symptome zu kontrollieren.
Es kann sein, dass Sie während der Behandlung an Bluthochdruck leiden. Ihr Blutdruck wird vor dem Beginn und in den ersten Wochen der Therapie kontrolliert. Wenn nötig, wird Ihnen Ihr Arzt blutdrucksenkende Medikamente verschreiben. Eine Antiangiogenese-Therapie kann auch Erektionsstörungen verursachen.
Die Medikamente können die Funktion der Schilddrüse beeinträchtigen. Sie produziert Hormone und steuert den Energiehaushalt Ihres Körpers. Sinkt der Spiegel von Schilddrüsenhormonen in Ihrem Blut, können Sie sich müde und kalt fühlen sowie an Gewicht zunehmen. Wird die Schilddrüse dagegen überaktiv, fühlen Sie sich erhitzt, verschwitzt, rastlos, verlieren an Gewicht und bekommen Probleme, sich zu konzentrieren oder zu schlafen.
Sunitinib, Pazopanib, Axitinib, Sorafenib, Tivozanib und Bevacizumab beeinträchtigen die Wundheilung, so dass Sie diese Behandlung nicht beginnen können, bevor Ihre Operationswunden vollständig abgeheilt sind.
So lange Sie diese Medikamente einnehmen, können Sie unter Kurzatmigkeit, Brustschmerzen sowie geschwollenen Knöcheln und Füßen leiden. Sie können auch das Entstehen von Blutgerinnseln fördern und so das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko erhöhen.
Ihre Haut kann austrocknen, sich röten oder einen Ausschlag entwickeln. In einigen Fällen verfärbt sich die Haut vorübergehend gelblich, was aber nach dem Ende der Behandlung wieder verschwindet. Ihre Finger und Zehen können sich taub anfühlen oder kribbeln. Ihr Haar kann während der Behandlung ergrauen. In den Therapiepausen zwischen den Behandlungszyklen kann die Farbe zum Teil wieder zurückkehren. Sie können auch ein sogenanntes Hand-Fuß-Syndrom entwickeln, das sich durch Blasen und Hautrötung an den Handinnenflächen und Fußsohlen bemerkbar macht. Wenn dies bei Ihnen auftritt, kann Ihr Arzt eine Anpassung oder Unterbrechung der Behandlung empfehlen.
Die mTOR-Hemmer Temsirolimus und Everolimus können andere spezifische Nebenwirkungen verursachen, meist betrifft das Ihr Blut und Ihre Lungen.
Durch die Therapie kann es zu einem vorrübergehenden Abfall der Zahl der roten oder weißen Blutkörperchen oder der Blutplättchen kommen. Ein Abfall der weißen Blutkörperchen beeinträchtigt das Abwehrsystem und kann das Risiko für Infektionen erhöhen. Ein Mangel an roten Blutkörperchen kann zu Müdigkeit und Atemnot führen.
Möglicherweise benötigen Sie eine Bluttransfusion, wenn die Werte zu sehr absinken. Ein Abfall der Blutplättchen kann durch Nasenbluten, Zahnfleischbluten nach dem Zähneputzen, viele stecknadelkopfgroße rote Punkte (Petechien) in der Haut oder Blutergüsse an Armen und Beinen auf sich aufmerksam machen.
Wenn Sie eine dieser Nebenwirkungen bemerken, sollten Sie Ihr Behandlungsteam ansprechen. Ihr Arzt wird Ihr Blutbild regelmäßig überprüfen.
mTOR-Hemmer können auch Ihren Blutzuckerspiegel beeinflussen und Ihre Cholesterinwerte erhöhen. Diese Blutwerte werden deshalb regelmäßig überprüft.
Ein weiteres mögliches Symptom sind schmerzhafte Entzündungen der Mundschleimhaut. Eine Mundspülung kann helfen, die Symptome zu lindern. Verzichten Sie aber auf Mundspülungen, die Alkohol, Peroxide, Jod oder Thymian enthalten, da diese die Beschwerden verschlimmern können. Fragen Sie Ihr Behandlungsteam, welche Marken Sie benutzen können.
Ihre Lungen können durch die Arzneimitteltherapie angegriffen werden. Informieren Sie Ihr Behandlungsteam, wenn Sie im Therapieverlauf einen Husten entwickeln.
Mehr darüber, wie Sie die Nebenwirkungen bewältigen können, erfahren Sie im Kapitel Umgang mit den Nebenwirkungen einer Arzneimitteltherapie.